Bürgermeister Stefan Schelle beantwortet häufig gestellte Fragen zum Schulcampus
Brauchen wir überhaupt neue Schulen?
Die Bevölkerung wächst, in Oberhaching moderat, im Ballungsraum München deutlich. Vor allem junge Familien - und damit überproportional viele Kinder - wohnen bereits oder ziehen in den Ballungsraum München oder in die Landeshauptstadt München. Die Landeshauptstadt München hat große Probleme, zeitnah die entsprechende Infrastruktur für Kinderbetreuung und Schulen aufzubauen. Das hat unmittelbar Auswirkungen für unsere Kinder und Jugendliche im Landkreis. Die Schulen in München sind voll, mittlerweile auch die Realschule in Taufkirchen und in Holzkirchen. Gleiches gilt für die Fachoberschulen. Wenn die Schülerinnen und Schüler aus unserer Gemeinde in Zukunft wohnortnah beschult werden wollen, dann brauchen wir dringend diese Schulen. Der Landkreis hat in seinem Schulbedarfsplan die Zahlen ermittelt. Die Kritiker zweifeln diese Zahlen zwar an, aber die Erfahrungen beispielsweise in Grünwald und Höhenkirchen-Siegertsbrunn haben gezeigt, dass selbst diese Bedarfe oft zu gering angesetzt sind. Entgegen der damaligen Prognosen im Schulbedarfsplan platzt in Höhenkirchen-Siegertsbrunn die Schule aus allen Nähten und das Gymnasium Grünwald musste bereits nach wenigen Jahren erweitert werden.Alle weiterführende Schulen in einer Gemeinde, ist das etwas Besonderes?
Nein, es ist nichts Besonderes. In Ismaning, in Aschheim, in Unterschleißheim, in Höhenkirchen-Siegertsbrunn, in Haar, in Neubiberg – in all den Gemeinden gibt es (oder ist aktuell geplant) eine Realschule und ein Gymnasium in einer Gemeinde. Natürlich ist es für die Kinder und Jugendlichen (und auch für die Eltern) in Oberhaching einfach nur toll, alle Schulangebote vor Ort zu haben, zumal der Betrieb der weiterführenden Schulen komplett durch den Landkreis getragen wird.Was ist ein Schulcampus?
Der „neue“ Schulcampus Deisenhofen soll aus einer Realschule und einer Fachoberschule bestehen. Der Campus soll etwa 2025/26 den Schulbetrieb aufnehmen und bietet später Platz für etwa 600 Realschüler und etwa 600 Fachoberschüler. Zum Vergleich: Im „alten“ Schulcampus mit Gymnasium und der Mittel- und Wirtschaftsschule an der Kastanienallee haben bis zu 1.500 Schüler Platz gefunden. Oberhaching ist auch mit dem Campus am Kyberg nicht „zusammengebrochen“. Der „neue“ Campus wird durch einen neuen Zweckverband gebaut und finanziert. In diesem Zweckverband sind neben Oberhaching die umliegenden Gemeinden Grünwald, Sauerlach und Brunnthal sowie der Landkreis München zusammengeschlossen. Für die Gemeinden - auch für Oberhaching - ist ein Campus auch deshalb interessant, weil sich bei Bau und Unterhalt deutliche finanzielle Vorteile bei der Investition für die beteiligten Gemeinden ergeben.Warum zwei Schulen?
Das Schulsystem im Bayern ist nach der einheitlichen Grundschule im Wesentlichen dreigeteilt. Die Mittelschule bietet viel Praxisorientierung, die Realschule den „Mittleren Bildungsabschluss“ und das Gymnasium mit dem Abitur die Hochschulreife. Es gibt nach jedem Abschluss eine Anschlussqualifizierung. Der Zugang zu den Studienplätzen an den Hochschulen kann nach der Mittleren Reife an der Realschule, dem M-Zug oder 9+2-Zug an der Mittelschule auch über die Fachoberschule erreicht werden. Fast 70% der Fachoberschüler kommen direkt nach dem Realschulabschluss oder nach der 10. Klasse unmittelbar von den Gymnasien. Über 40% der Studienanfänger in Bayern kommen nicht mehr vom Gymnasium. Deshalb ist die Fachoberschule in Deisenhofen eine perfekte Ergänzung für den Mittelschulverbund im Hachinger Tal/Isartal, für die Realschulen Deisenhofen und Taufkirchen und für den Übertrittschüler nach der 10.Klasse von den Gymnasien Oberhaching, Grünwald und Unterhaching.Wer bezahlt denn die beiden Schulen?
Die Hauptlast für eine staatliche Schule, die Gehälter und Pensionen für die Lehrerinnen und Lehrer, trägt der Freistaat Bayern. Deshalb müssen Schulen auch durch den Freistaat Bayern genehmigt werden. Die Genehmigung gibt es nur, wenn die Schülerzahlen nachhaltig und ausreichend sind. Für den Schulcampus Deisenhofen liegen die Genehmigungen vor. Nach Bayerischem Schulfinanzierungsgesetz tragen dann die Kommunen und Landkreise den sogenannten Sachaufwand.Das Grundstück für eine Realschule oder ein Gymnasium stellt immer die jeweilige Sitzgemeinde. Auch das Grundstück für unser bestehendes Gymnasium in Oberhaching ist nach wie vor im Eigentum der Gemeinde Oberhaching. Für die Fachoberschulen übernimmt der Landkreis die Grundstückskosten und die gesamten Baukosten.
Bei allen weiterführenden Schulen, also insbesondere bei Realschulen und Gymnasien, trägt der Landkreis den gesamten laufenden Aufwand, also die üblichen Kosten für Reinigung, Heizung oder Strom, den gesamten Bauunterhalt und die Kosten für die Verwaltung.
Bleiben im Campus Deisenhofen die Baukosten für Realschule. Auch bei den Baukosten übernehmen der Freistaat Bayern und insbesondere der Landkreis einen erheblichen Anteil. Die finanziellen Vorteile, die sich aus der Synergie eines Schulcampus ergeben, kommen komplett den Gemeinden zu Gute. Das bedeutet, die Mitgliedsgemeinden des Zweckverbandes tragen am Ende etwa 30-40% der Baukosten, aufgeteilt nach den Schülerzahlen der jeweiligen Gemeinde.
Warum eine Realschule Oberhaching?
Die Realschulen im Umkreis stoßen, wie bereits beschrieben, an ihre Grenzen. Im Süden und Südosten des Landkreises werden nach den belastbaren Schülerprognosen in wenigen Jahren bereits zwei weitere Realschulen notwendig sein. Unsere Kinder werden sonst in vertretbarer Entfernung keinen Platz mehr an Realschulen finden! Zumal auch in München keine Kapazitäten mehr verfügbar sind. Wenn ohnehin eine neue Realschule gebaut wird, dann an dem Standort, in der Gemeinde, aus der die meisten Schüler kommen. Das ist Oberhaching.Was kostet die Realschule die Gemeinde Oberhaching?
Genaue Berechnungen können erst seriös erstellt werden, wenn erste Planungen vorliegen. Wir rechnen nach Schulbedarfsplan mit bis zu 350 Schülerinnen und Schüler aus unserer Gemeinde, das werden also etwa die Hälfte der Schülerinnen und Schüler sein. Der Zweckverband wird die Schule schon auf Grund der Zinssituation fremdfinanzieren und in 25 Jahren tilgen. Das bedeutet, die Baukosten, abzüglich aller Zuschüsse und Leistungen des Staates und des Landkreises, abzüglich der Synergieeffekte durch den gemeinsamen Bau in einem Campus werden für 25 Jahre mit festem Zinssatz finanziert. Der jährliche Betrag für Zins und Tilgung durch die Schülerzahlen geteilt und nach Gemeinden zugeteilt, ergeben dann Zahlen, die sich in der Größenordnung unserer übrigen Kinderbetreuung bewegen. Auch für Krippen-, Kindergarten- oder Hortkinder ist ein jährlicher Zuschuss in ähnlicher Höhe je Kind notwendig (bei diesen Zuschüssen sind die Baukosten/Zinsen aber noch nicht einmal enthalten). Bei einem Gesamthaushaltsvolumen der Gemeinde Oberhaching von deutlich über 50 Mio€/Jahr ist das auch leistbar.Ein wichtiger, weiterer Aspekt: Angesichts der Schülerzahlen und der Belegung der Realschulen in Holzkirchen und Taufkirchen wird eine weitere Realschule zwingend notwendig. Würde diese Schule in einer anderen Gemeinde gebaut, dann müsste die Gemeinde Oberhaching die gleiche Summe für den Finanzierungsanteil leisten. Mit dem Nachteil, dass 350 Kinder täglich pendeln müssten.
Warum gibt es überhaupt Zweckverbände?
Die Weichen für die Zweckverbände wurden in den 70ger Jahren gestellt. Durch den Zusammenschluss der Gemeinden mit dem Landkreis konnten sehr zügig und wohnortnah weiterführende Schulen gebaut und unterhalten werden. Der Vorteil ist eine unmittelbare und effiziente Verwaltung der Schulen. Kurze Entscheidungswege, schnelle Entscheidungen, Verantwortung vor Ort im direkten Kontakt zu Schulleitung, Schülerinnen und Schülern und den Eltern – dadurch sind die Schulen im Landkreis München in einem sehr guten Zustand. Die Alternative wäre ein sehr großes, zentrales Schulreferat im Landkreis, lange Entscheidungswege und die Gefahr der „Entscheidungen nach Kassenlage“. Die Kommunen werden zwar nach Schülerzahlen belastet, ohne Zweckverbände würden die Gemeinden nach Umlagekraft die gleichen Kosten tragen, hätte keine Mitwirkungsmöglichkeiten mehr und müssten zusätzlich auch den zentralen Verwaltungsapparat bezahlen.Welche Nachteile hat Oberhaching vom Schulcampus?
Ein Großteil der Freiflächen, die Sichtbeziehungen zwischen Kirche, Bahnhof und Wald bleiben zwar erhalten, aber es werden Schulbauten entstehen. Wir wollen ökologisch und nachhaltig bauen, der Städtebau und die Gestaltung müssen zu Oberhaching passen. Bei unserem Gymnasium ist das zweifellos auch gelungen, immerhin eine Schule mit über 1.200 Schüler in den Spitzenjahren. Der Verkehr wird etwas zunehmen, auch wenn Realschüler und die meisten Fachoberschüler keinen Führerschein haben. Nach den vorliegenden Verkehrsgutachten ist die Größenordnung dieser Zunahme aber nicht wirklich spürbar und wäre bei einer Wohnbebauung mindestens doppelt so hoch und nicht auf die Schultage begrenzt. Bleibt als „Nachteil“ ein beachtlicher Arbeitsaufwand für die Verwaltung, der zwar durch den Landkreis entsprechend bezahlt wird, aber natürlich auch bewältigt werden muss.Wie weit sind die Planungen?
Wir stehen ganz am Anfang. Der Zweckverband ist gegründet. In den nächsten Monaten werden erste Machbarkeitsstudien entstehen, die nicht nur öffentlich im Gemeinderat beraten werden, sondern auch den Bürgerinnen und Bürgern zur Diskussion gestellt werden und dann die Grundlage für die Auswahl der Architekturbüros und die weiteren Planungen sein werden. Auch die Anbindung an den Bahnhof, die Erschließung oder die notwendigen Stellplätze werden im Rahmen des Planungsverlaufs aufgezeigt, genauso wie die für Oberhaching klar vorgegebene Gestaltung oder die Eingrünung und die Umsetzung der städtebaulichen Vorgaben. Wir verschandeln nicht eine unserer wertvollsten Flächen. Die Planungen werden in den nächsten zwei Jahren abgeschlossen sein.Warum am Standort Deisenhofen, warum nicht in Furth am Bahnhof oder im Gewerbegebiet?
Die Anbindung mit dem Auto ist in Furth oder im Gewerbegebiet besser, zumindest in Furth wäre die Anbindung an die S-Bahn vergleichbar. Die Anbindung für die Schülerinnen und Schüler aus unserer Gemeinde wäre aber schlechter. Die gesamten Flächen am Bahnhof Furth sind für den Schulcampus nicht ausreichend groß und sie sind größtenteils in Privateigentum und stehen einfach nicht zur Verfügung. Die Beantragung, die Beschlüsse in den Kreisgremien und im Gemeinderat beziehen sich mit der Genehmigung des Freistaats Bayern zum einen auf eine gemeinsame Realisierung Realschule/FOS als Campus. Eine Realisierung nur einer Realschule am Bahnhof Deisenhofen ohne FOS müsste in allen Gremien neu beschlossen und beantragt werden. Auf Grund der sehr guten Anbindung durch die MVV-Busse, die S-Bahn und den Meridian insbesondere für die Fachoberschule hat sich der Gemeinderat nach intensiver fachlicher Beratung einstimmig für den Standort am Bahnhof Deisenhofen ausgesprochen.Welche Vorteile haben wir in Oberhaching?
Unsere Kinder bleiben im Ort. Die Verbundenheit zur Heimatgemeinde bleibt, mit dem Fahrrad auf kurzem Weg in die Schule, Freundschaften am Ort, die Vereine, die Musikschule werden die Zahlen spüren. Natürlich profitiert auch der umliegende Einzelhandel, die Kaufkraft von über 1.000 Schülerinnen und Schüler ist spürbar. Für die Vereine ergeben sich beispielsweise durch eine weitere große Sporthalle zusätzliche Raumangebote für Sport und Gymnastik, für Kulturangebote oder die Volkshochschule. Aus vielen Rückmeldungen ist zu vermuten, dass auch der Druck in den 4. Klassen der Grundschulen sinken wird, unbedingt den Notenschnitt für einen Übertritt auf „unser“ Gymnasium zu erreichen. Eine leistungsfähige und tolle Realschule, verbunden mit einer Fachoberschule, die dann zur Hochschulreife führt ist eine echte Alternative zum Gymnasium. Damit sind weitere Erweiterungen an unserem Gymnasium nicht mehr notwendig.Zusammengefasst?
Niemand baut aus Jux und Tollerei oder zur Selbstverwirklichung eine Schule. Viel bequemer ist es, nichts zu tun. Aber wir haben die Verantwortung für die kommenden Schülergenerationen in Oberhaching, für unsere Kinder. Im Süden des Landkreises München wird eine weitere Realschule notwendig, die überwiegende Zahl der Schülerinnen und Schüler an dieser zusätzlichen Schule werden aus Oberhaching kommen und damit wird auch der überwiegende Teil der Finanzierung von Oberhaching getragen werden, egal, wo die Schule steht.Angesichts der Vor- und Nachteile, angesichts der Verantwortung für kommenden Generationen unserer Schülerinnen und Schüler haben sich der Gemeinderat in Oberhaching und der Kreistag des Landkreises München in den vergangenen Jahren einstimmig für einen Schulcampus am Bahnhof Deisenhofen ausgesprochen. Da entsteht kein Monster aus Beton, da kommt auch keine Blechlawine auf uns zu – wir werden vernünftig und ohne Hektik im engen Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern den Schulcampus planen und Lösungen finden, die genau zu unserer Gemeinde passen.
Wir hoffen, wir konnten einige Ihrer Fragen beantworten. Für Rückfragen und Anregungen stehen wir Ihnen sehr gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Schelle